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Warum bist du ein Satanist?

Warum bist du ein Satanist? Es ist gut, sich von Zeit zu Zeit diese Frage zu stellen. Was sind deine allgemeinen Ziele im Leben und wie hilft deine Philosophie dir dabei, die Basis für all das zu legen, was du in den kurzen Jahren deines Lebens erreichen kannst? Was machst du heute, in dieser Minute – trägt es wertvoll dazu bei oder stiehlt es wertvolle Zeit? In einer guten Geschichte leistet jede Zeile, jedes Wort, einen Beitrag, der zum abschließenden Ende hinführt. Welche Geschichte schreibst du heute für dich selbst?

Wie du auf unserer Website schon gelesen hast, haben wir ein Statement veröffentlicht, in dem wir von der Teilnahme an „Unterhaltungen” in on-line Chatrooms und dergleichen abraten. Der Grund dafür ist, dass Unterhaltungen in diesen Foren nicht stattfinden – bloß Pausenhofstreitereien und kleinkariertes Gezänke, die den Leuten ein negatives Bild über Satanismus vermitteln und den falschen Eindruck, dass all unsere Vertreter damit beschäftigt sind, Kacke aufeinander zu werfen, anstatt genussvoll zu leben. Das Internet wächst ständig und wir hatten bis jetzt genug Zeit, durch Ausprobieren herauszufinden, was daran produktiv ist und was besser vermieden werden sollte. Wir haben allen Beteiligten Hilfe angeboten, um Verbesserungen anzuregen, doch es hat sich immer nur noch weiter verschlechtert. Die spezielle Struktur von Chatrooms hat sich beim Dialog zwischen Erwachsenen von selbst als kontraproduktiv erwiesen und steht, im weitesten Sinne, im Konflikt mit satanischem Denken und Handeln. Sie beeinträchtigt Reflexion, Disziplin, Geist, und Innovation. Die Leute kotzen das erstbeste heraus, das ihnen in den Sinn kommt und das scheinen meistens nur billige Herabwürdigungen und kindische Sticheleien zu sein. Die ganze Show erinnert stark an den Hyde Park Corner in London, der für Straßenredner reserviert ist. Aber anstatt auf einen einsamen Winkel im Hyde Park beschränkt zu sein, können diese ungebildeten konfusen Wichtigtuer die Perlen ihres Auswurfs mit einem Tastendruck weltweit verteilen.

Versetzt euch in die Zeit zurück, als ihr Satanismus entdeckt habt, als ihr endlich ein Buch in Händen gehalten habt, das zum ersten Mal in eurem Leben eure Gedanken, Erfahrungen und Einstellungen so klar zum Ausdruck gebracht hat. Heutzutage, wenn man eine solche Entdeckung macht, geht man sofort ins Internet, um mehr Informationen zu bekommen. Stellt euch einen enthusiastischen jungen Satanisten vor, der versucht, sein Wissen um die dunklen Künste zu verbreitern, leidenschaftlich und hungrig nach mehr … genauso, wie ihr wart. Er findet die Webseite der Church of Satan und weiß, er ist am richtigen Ort, Anton LaVeys Ideale sind immer noch gültig und werden von einer vitalen und intelligenten Gruppe von Individualisten verteidigt. Dann kommt er in einen Chatroom, weil er mehr Kontakt mit vernünftig sprechenden rebellischen Naturen sucht – und landet mitten in einer wilden Tortenschlacht, wo viele unserer offiziellen Vertreter den meisten Dreck durch die Gegend werfen und so ein „Anfänger” das Gröbste davon abbekommt! Wie kann man rechtfertigen, dass so eine kindische Haltung den Zielen des Satanismus dient? Es bindet nur die vitale Energie unserer produktiven Mitglieder, die pausenlos versuchen, solche Foren zu moderieren und ist eine Enttäuschung wertvoller neuer Mitglieder und Interessenten. Wenn definierende Elemente satanischer Philosophie in solchen Chatrooms hinterfragt oder diskutiert werden würden, würde ich einen Mehrwert dabei sehen und vielleicht sogar eine Teilnahme daran genießen. Aber solche Debatten finden nicht statt, bloß triviale Schlagabtäusche. Es ist für uns alle erniedrigend, die wir hart daran arbeiten, Stärke, Haltung und Würde der dunklen Mächte zu repräsentieren.

Es ist nicht nur die Church of Satan, die vom Wachstum der Chatrooms betroffen ist, oder das Internet im Allgemeinen. Es ist in der Tat eine weltweite Revolution, die die Art und Weise verändert hat, wie wir denken, bewerten, kaufen und interagieren. Ich habe meine bescheidene Meinung dazu schon 1995 in einem Artikel in The Cloven Hoof mit dem Titel „Information Overload” kundgetan, in dem ich gewarnt hatte, dass mit der wachsenden Nutzung des Internets der Computer eine Einrichtung wird, mit deren Hilfe Menschenmassen verstärkt dominiert, überwacht und kontrolliert würden. Die Geschwindigkeit und Struktur der über Computer zugänglichen Informationen verändert unsere Gedanken, verdampft unseren Kontext und beeinträchtigt unser Urteilsvermögen. So etwas wie Privatsphäre oder Sicherheit gibt es nicht mehr. Die Beziehungen der Menschen untereinander werden pervertiert, indem eine Illusion der Intimität mit Menschen vermittelt wird, denen man niemals auch nur in die Augen geschaut hat.

Gibt es eine bessere Möglichkeit, andersdenkende Meinungen zu entschärfen, als sie gemeinsam in einem großen Raum einzusperren, wo sie sich gegenseitig in Stücke reißen können? Es wird nur eine Handvoll von ihnen übereinander herfallen, aber durch die weltüberspannende Reichweite des Internets wird eine effektive Illusion von Disharmonie und Zwietracht erzeugt werden, so dass die Gruppe von allen, die eine Verbindung zur „anderen Elite” suchen, als trivial und bedeutungslos erachtet werden wird. Das Format von Chatrooms speziell erlaubt nur eine oberflächliche, verschwommene Interaktion und ergibt daher kein wahres Bild davon, wie eine andere Person wirklich ist. Damit sich gesunde, komplexe und intelligente Beziehungen entwickeln können, benötigt man Zeit, Reflexion, Vertrauen und entspannte Gespräche. Chatrooms sind der genaue Gegensatz davon. Starrsinnige Typen müssen aufeinander herumhacken und sich, während sie höherstehende Ziele ignorieren, gegenseitig von innen heraus fertigmachen. Zumindest bleibt jede Gruppe verwundet und ohnmächtig zurück, viel zu sehr damit beschäftigt, Beschuldigungen über „Abspaltungen” und internen Zank zu bekämpfen, als dass sie ernsthaften Widerspruch organisieren könnte. Warum die Energie aufwenden, eine fünfte Kolonne unterwandern zu lassen, wenn man seine Feinde so elegant zerstören kann, ohne Spuren zu hinterlassen, oder überhaupt einen Beweis der eigenen Existenz? Lest nochmals das unschätzbare Buch von Jerry Mander, Schafft das Fernsehen ab. Die Flimmerkiste war der erste Angriff auf unsere Einigkeit, unsere Intelligenz, unsere Geschichte, unsere Vorstellungskraft und unsere Vernunft. Dieser Angriff fand seine Fortsetzung in Computern und dem Internet. Lest nochmals Schöne neue Welt, um zu sehen, wie Selbstgefälligkeit effektiver einlullt als unverblümte Unterdrückung.

In Wirklichkeit passieren in unseren Reihen mehr produktive Dinge als jemals zuvor, nur wird man darüber nichts in Chatrooms finden. Wir spüren mehr Zusammenhalt und Fokus, zum Teil als Reaktion auf den Tod von Dr. LaVey. Die Zahl unserer Mitglieder wächst stetig. Nicht, dass wir auf nackte Zahlen so viel Wert legen würden, zehn Leute, die die satanischen Prinzipien von Herausforderung und Gerechtigkeit wirklich verstehen, sind besser als 500, die bloß beitreten, um ihr schwaches Ego aufzubessern. Aber die Tatsache, dass die Zahl unserer Mitglieder wächst, zeigt an, dass tatsächliche Satanisten, die nur noch nicht wussten, dass sie Satanisten sind, das diabolische Internet dazu benutzen, um sich offen unsere Vergangenheit und unsere geplante Zukunft anzusehen und dass ihnen gefällt, was sie sehen. Trotz des ganzen Geschreis, trotz des Gezeters und des Sich-auf-die-Brust-Trommelns und der Wettbewerbe im Anpinkeln wollen WAHRE Satanisten nach wie vor vortreten und ein Teil dieser mutigen Clique sein. Diese unausbleiblichen Auseinandersetzungen sind nur noch eine weitere Ebene des sich selbst Abhebens, genauso wie das Überwinden des emotionalen Widerstands, der durch das gefürchtete „S“-Wort hervorgerufen wird. Ich bin stolz darauf, bei meinen satanischen Kameraden und Kameradinnen zu stehen, die hinter das Offensichtliche sehen können und einen direkten Kurs auf dieses irdische Paradies halten, das wir so schätzen.

Satanismus kann nicht in einer Kiste voller Elektronik enthalten oder eingesperrt sein, genauso wenig, wie er dort angemessen erörtert oder veranschaulicht werden kann. Schaltet euren Computer aus und lauscht wieder dem Rhythmus eurer eigenen Seele, die, die euch überhaupt erst zu Satanismus geführt hat. Das hier ist eine Organisation für die, die sich niemandem anschließen wollen – geborene Häretiker und Bilderstürmer. Wir werden uns niemals als fröhliche Bruderschaft zusammenfügen, noch sollten wir das je wünschen. Wir wollen das Potential der einzelnen Individuen nicht verwässern, seine oder ihre Stärke, einmalige Stimme und Entschlossenheit tragen zu unseren Eigenschaften bei. Ich fühle mich durch abweichende Meinungen nicht bedroht, auch stelle ich nicht das Lebenswerk von Anton LaVey in Frage, bloß, weil ich nicht mit jedem Detail des Menschen einverstanden bin, dessen Bau ich teile. Ich muss aber letzten Endes darauf vertrauen, dass seine übergreifenden Ziele im Einklang mit meinen stehen.

Wir sind alle von unserem Ego getrieben. Aber wir können unsere Egos sicherlich besser damit befriedigen, dass wir dafür sorgen, dass Dinge im realen Reich des Leibhaftigen geschehen, indem wir unsere Herrschaft über die Welt ausüben, anstatt dass wir in einem flüchtigen elektronischen Getto kauern, billige Psychospiele spielen und in die Privatsphäre andere Menschen eindringen. Das Internet ist das neue Opium der Massen, der PC ist das LSD, und beide führen zu einer gleichermaßen beschämenden Sinnestäuschung von Allmacht und Gottheit. Es ist einfach, in dieser Auseinandersetzung gefangen zu sein und zu glauben, dass man tapfer satanischen Zielen dient, auf eine Art, der Dr. LaVey beistimmen würde. Würde er nicht. Er erkannte die Gefahr eines Mangels an Zusammenhalt, online oder anderswo, und hat Streithammel und Unruhestifter nicht toleriert. Und wir werden dies ebenso nicht tun.

Magistra Blanche Barton

Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Church of Satan. Alle Rechte vorbehalten.